Checkliste „Winterfütterung der Kälber“
Dass der Energiebedarf der Kälber bei kalten Temperaturen höher ist als an warmen Sommertagen leuchtet jedem ein. Außerdem ist allgemein bekannt, dass die geringe Pansenaktivität beim Kalb keine zusätzliche Wärmequelle, wie z.B. bei der Kuh, bietet. Die Wohlfühltemperatur (Thermoneutrale Zone) beim Kalb liegt daher bei 20 – 25°C! In der kalten Jahreszeit zeigt sich, dass Krankheiten und Verluste bei Kälbern eine große Rolle spielen. Wie bei uns Menschen, und besonders bei Kindern, ist das Immunsystem auch bei Kälbern im Winter besonders gefordert, um das Tier zu schützen. Jede zusätzliche Belastung steigert die Gefahr, dass Aufzuchtziele nicht erreicht werden, Kälber erkranken oder sogar sterben. Doch wie passt man die Kälberhaltung im Winter am besten an? Nachfolgend ein paar Tipps für die kalte Jahreszeit. Bitte beachten Sie, dass neben all den Punkten in der Liste auch die normalen Standards einer fürsorglichen Kälberaufzucht eingehalten werden sollten, auf die hier nicht gesondert eingegangen wird.Versorgung der neugeborenen Kälber
Kälber haben bei der Geburt nur ca. 3% Körperfett, die als schneller Energielieferant nach der Geburt zur Verfügung stehen. Daher ist es wichtig die Biestmilch möglichst früh und ausreichend (mind. 10 % vom Körpergewicht) zu verabreichen.
Außerdem muss das Kalb nach der Geburt schnell trockengerieben werden, um nicht auszukühlen und unnötig Energie zu verlieren. Wenn die Kälber vor Kälte zittern, verbrauchen sie ein Vielfaches des normalen Energiebedarfs. Daher ist das in jedem Fall zu verhindern!
Mehr Energie füttern
Bei Temperaturen um den Gefrierpunkt herum, haben Kälber einen um 15 – 20 % erhöhten Energiebedarf. Wird nicht mit einer gesteigerten Milchfütterung darauf reagiert, geht zunächst das Wachstum zurück und sehr schnell auch die Immunität gegen Krankheiten. Es gibt verschiedene Strategien, um den Kälbern mehr Energie zu verabreichen:
- Mehr Milch füttern (+ 15 bis 20 % mehr Menge)
- Höhere MAT-Konzentration (maximale Begrenzung bei 15 % TS)
- Mehr Kraftfutter anbieten (ist nur bei älteren Kälbern > 6-8 Wochen effektiv)
Hochverdauliche Milchquellen nutzen
Besonders bei jungen Kälbern kommt es auf die Verdaulichkeit der Milch an. Nur dann können die Kälber auch das Maximum an Energie daraus ziehen. Daher ist pasteurisierte Vollmilch oder hochwertiges Milchpulver mit mind. 30 % Magermilch (besser 50%) einzusetzen. Die leichte Ansäuerung unterstützt die Verdauung und ist daher anzuraten. Im Winter kommt es beim Milchaustauscher neben dem Rohproteingehalt von mind. 23% auf einen ausreichenden Fettanteil an. 20 % Fett in der Trockenmasse sollten mindestens gegeben sein.
Adlibitumfütterung bei Frost?
Adlibitumgefütterte Kälber haben in jedem Fall eine ausreichende Energieversorgung, auch im Winter. Doch wenn die Milch im Eimer gefriert, sorgt das nicht nur für viel Arbeit beim Personal, sondern führt auch zu geringerer Milchaufnahme bei den Kälbern. Es gibt keine andere Möglichkeit als in langen Frostphasen auf eine warme, rationierte Tränke umzustellen. In dem Fall sollte über eine höhere MAT-Konzentration dafür gesorgt werden, dass die Kälber bei geringerer Milchaufnahmen, trotzdem ausreichend Energie aufnehmen. Eine dritte Mahlzeit um die Mittagszeit herum kann ebenfalls sicherstellen, die Kälber mit mehr Milch zu versorgen.
Wichtig ist das langsame Heranführen der Kälber an die Adlibitumtränke nach der Frostphase, denn es muss in jedem Fall verhindert werden, dass die Tiere sich übersaufen. Ein voller Eimer sollte nur den Kälbern vorgesetzt werden, die kein starkes Hungergefühl haben.
Tränketemperatur kontrollieren
Bei der Adlibitumfütterung mit auf pH 5,5 angesäuerter Milch spielt die Milchtemperatur keine entscheidende Rolle, wenn die Kälber immer nur kleine Mengen aufnehmen. Bei rationierter Fütterung ist es jedoch wichtig, dass die Tränketemperatur ca. 38 -40 °C beträgt. Je nach eingesetzter Fütterungstechnik gilt es folgendes zu beachten:
- Tränkeautomaten Bei langen Milchleitungen besteht die Gefahr, dass die Milch in den Schläuchen auskühlt. Neben der Wärmedämmung der Schläuche ist auch eine Korrektur der Tränketemperatur empfohlen, um die Auskühlung auszugleichen. Eine Verwendung von Heizkabeln ist nicht in jedem Fall zu empfehlen, denn bei zu starker Leistung des Heizkabels kann die Milch auch zu warm werden.
- MilchTaxi
Abfütterung verzögern
Wenn das Ende der Milchfütterung im Normalfall bei 8 – 10 Wochen liegt, sollte man überlegen die Abfütterung im Winter noch etwas zu verzögern, um sicher zu stellen, dass die Kälber auch bei Kälte genügend Kraftfutter aufnehmen. Denn im Winter ist auch die Wasseraufnahme oft geringer und eine frühe Trockenfutteraufnahme ist nur bei guter Wasseraufnahme möglich. Da hilft es den Kälbern, wenn sie noch 1 – 2 Wochen länger Milch bekommen. Krankheitsvorsorge ist besonders im Winter wichtig
Jede Krankheit belastet den Organismus und die Genesung kostet Energie. Neben dem erhöhten Energiebedarf trinken und fressen die Kälber auch weniger, was besonders im Winter für die Kälber lebensgefährlich werden kann. Daher gilt es besonders im Winter auf folgende Bereiche der Gesundheitsvorsorge zu achten:
- Kolostrumversorgung und Immunitätsaufbau
- Impfungen
- Hygiene und Desinfektion
- Schnelle Reaktion bei ersten Krankheitsanzeichen
- Konsequente Behandlung
Kälberdecken geben Wärme
Früher war die Empfehlung Kälberdecken nur kranken Kälbern umzulegen. Heute hat es sich durchgesetzt, dass die Decken den ganzen Winter über getragen werden können. Ähnlich wie die Winterreifenregel „von O bis O“ können auch die Kälber die Decken von Oktober bis Ostern tragen. Die Decken sparen ca. 20 – 30 % des Erhaltungsbedarfs an Energie eines Kalbes ein.
Viel wichtiger ist aber der Fakt, dass gerade in den ersten Lebenswochen die Lungenentwicklung noch nicht abgeschlossen ist. Da gerade die Lungenbereiche die direkt unter dem Rücken verlaufen, als erstes funktionstüchtig sind, sind es genau diese Bereiche, die durch die Rückendecke vor „Erkältung“ geschützt werden.
Trockene Einstreu
Die Einstreu soll isolierend wirken. Im Idealfall soll das Kalb ein Nest bauen können, um sich so vor Auskühlung zu schützen. Besonders im Winter ist darauf zu achten, dass ein NestingScore von 3 jederzeit gegeben ist.
Weiterhin ist darauf zu achten, dass die Einstreu auch trocken ist. Oft wird empfohlen selbst einen „Knietest“ zu machen und sich selbst auf die Knie zu setzen. Dann spürt man, ob die Einstreu feucht ist. Sehr aussagekräftig sind aber auch die Gelenke der Vorderbeine der Kälber. Sind diese mit Kot behaftet kann man selbst bei gut eingestreuten Buchten erkennen, dass die Bucht häufig verdreckt ist und selten gemistet wird. Auf feuchtem Untergrund verlieren die Kälber dann unnötig Energie.
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Optimales Stallklima
Atemwegserkrankungen bis hin zur Lungenentzündung werden oft durch schlechtes Stallklima begünstigt. Spätestens im Winter werden die Schwachstellen des Kälberstalls offensichtlich. Auf der einen Seite brauchen die Kälber frische Luft und eine geringe Ammoniakbelastung, auf der anderen Seite soll Zugluft vermieden werden. Besonders bei geschlossenen Kälberställen mit kontrollierter bzw. Schwerkraft-Lüftung ist eine optimale Lüftung bei schlechtem Wetter schwer möglich.
Interessanterweise hat sich gezeigt, dass gerade die echten Außenklimaställe mit Kälberiglus und Hütten in Verbindung mit einem geschützten Auslauf die besten Ergebnisse zeigen. Die Kälber sind in der Lage sich dem kalten Wetter anzupassen, wenn ihnen geschützte Bereiche zur Verfügung stehen, in die sie sich zurückziehen können. Dadurch wachsen Sie an der frischen Luft auf und bilden ein widerstandsfähiges Immunsystem aus.